5 Fragen an Fasten-Experte Prof. Dr. Andreas Michalsen

die basis als start

Fasten hat in Marienkron seit fünf Jahrzehnten Tradition. Mit der Neueröffnung des Kurhauses werden altes und neues Wissen zu individuellen Ernährungsempfehlungen für die Gäste verknüpft. Das Konzept von Marienkron trägt dabei ganz stark die Handschrift von Prof. Dr. Andreas Michalsen, Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde im Immanuel Krankenhaus Berlin und Professor für klinische Naturheilkunde der Charité. Als einer der führenden Mediziner zu den Themen Ernährungsmedizin und Heilfasten prägt Prof. Dr. Michalsen in Zusammenarbeit mit der Marienkron Kurärztin Dr. Ulrike Göschl das Therapieprogramm des neuen Zentrums für Darm und Gesundheit.

 

Welchen Stellenwert hat Ernährung für Sie in Theorie und Praxis?

Es war nicht immer so, aber ich habe persönlich erlebt, welch enorme Bedeutung Ernährung und Lebensstil für die Gesundheit haben kann. Heute hat Ernährung für mich, auch in der eigenen Familie, den höchsten Stellenwert. Ernährung ist nicht nur unsere körperliche Lebensgrundlage, sondern auch Kultur und Genuss – und manchmal auch Gewohnheit oder sogar Sucht. Wenn wir Ernährung richtig zu nutzen wissen, ist sie die reinste Medizin und Genuss zusammen. Und damit das beste Mittel, um lange und gesund zu leben.

 

Fastenkonzepte haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, wie beobachten Sie das?

Das stimmt, Fasten beschäftigt die Menschen und auch viele Medien greifen das Thema auf – natürlich auch gerade in der momentanen Fastenzeit. Eigentlich ist das Fasten aber schon viele tausende Jahre alt. Bereits die Frühmenschen haben davon profitiert, dass ihrem Verdauungssystem immer wieder Ruhe gegönnt wurde. Denn es gab Phasen des Hungerns, gefolgt von Phasen der Nahrungsaufnahme. Dieses uralte Programm ist immer noch in unseren Genen und Zellen verankert. Wir wissen heute, dass sich das Verdauungs- und Stoffwechselsystem des Menschen seit 100.000 Jahren kaum verändert hat. Daher ist unser Körper mit den umfassenden Veränderungen der Lebens- und Ernährungsgewohnheiten – vor allem der letzten 200 Jahre – völlig überfordert. Fasten bietet hier ausgezeichnete Möglichkeiten.

 

Warum bezeichnen Sie Fasten als therapeutische Königsdisziplin?

Die Vorteile des Fastens liegen für mich auf der Hand: Es ist einfach durchzuführen, kostet wenig und ist sehr wirksam zur Behandlung und Vorbeugung von Krankheiten, etwa bei Bluthochdruck, Rheuma, Diabetes Typ 2, Allergien, Migräne, Schlafstörungen, neurologischen Erkrankungen und vielem mehr. Fasten ist außerdem sehr gut verträglich und wirkt sich insgesamt positiv auf unsere Gesundheit und Vitalität aus – und langfristig sogar auf das Gewicht. Und schließlich habe ich noch beobachtet, dass Fasten auf wunderbare Weise zu mehr Achtsamkeit und Genuss beim Essen führt und somit unser Leben bereichert.

 

In Marienkron kommen unterschiedliche Fastenformen zum Einsatz. Welche Methoden  unterscheidet man generell?

Generell kann man zwischen Heilfasten und Intervallfasten, auch intermittierendes Fasten genannt, unterscheiden. Beim Heilfasten sind vor allem zwei Konzepte sehr bekannt: die Methode nach Otto Buchinger und die F. X. Mayr Methode.

Beim Fasten nach Buchinger wird täglich eine gewisse Kalorienmenge in Form von flüssiger Nahrung aufgenommen. Auf feste Nahrung wird ausdrücklich verzichtet, daher spricht man oft auch vom „Saftfasten“.

Beim Fasten nach F. X. Mayr steht das Kauen im Vordergrund: Ein Bissen Brot, am besten vom Vortag, wird 30-40 Mal gekaut, bevor der Brei mit etwas Flüssigkeit hinuntergeschluckt wird. Dieser Vorgang nimmt dem Darm Arbeit ab, fördert die Verdauung und hilft dabei, wieder ein Sättigungsgefühl wahrzunehmen. Früher wurde als Flüssigkeit Milch verwendet, heute empfehle ich Tee sowie Soja-, Mandel- oder Hafermilch.

Beim Intervallfasten geht es grundsätzlich darum, nicht ununterbrochen oder in sehr kurzen Abständen zu essen. Hier haben sich mehrere Methoden entwickelt: Darunter sind beispielsweise das Alternate Day Fasting (ADF) – hier wird abwechselnd an einem Tag gegessen, am nächsten Tag gefastet – und das Time Restricted Eating (TRE), bei dem zeitlich begrenzte Essenpausen von 14 bis 16 Stunden eingehalten werden.

 

In Zusammenhang mit dem Fasten fällt immer öfter der Begriff „Autophagie“ – was bedeutet das?

Durch Autophagie werden alte und beschädigte Zellbestandteile abgeräumt und ersetzt. Das altgriechische Wort autophagos bedeutet frei übersetzt „sich selbst verzehrend“, „selbstfressend“. Man kann sich das so vorstellen: Während des gesamten Lebens sammelt sich in sämtlichen Zellen unseres Körpers eine Art „Mikroschrott“. Dieser setzt sich aus deformierten und geschädigten Eiweißen und Zellbestandteilen zusammen. Der Vorgang, sich dieser Bestandteile anzunehmen, wird durch das Fasten stark gefördert. Denn ohne Nahrungsnachschub versucht die Zelle, altes Material wiederzuverwenden und es kommt zu einem „Recycling-Effekt“. Dieser Prozess der Zellreinigung scheint elementar für die Bekämpfung von Infektionen und für das Aufhalten von Alterungsprozessen zu sein.

 

Buchempfehlung:

„Mit Ernährung heilen“ von Prof. Dr. Andreas Michalsen, herausgegeben von Friedrich-Karl Sandmann, erschienen im Insel Verlag 2019

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